Malinowski kommt
Roman
Eine Geschichtsgeschichte aus den Achtzigern mit den Siebzigern, ca.300 Seiten
Konfrontiert mit Terrorismus und Mord, gerät das Weltbild Malinowski ins Schwanken. Manch einer wird sich beim Lesen erinnern, wird sich wiederfinden, wenn Rainer, der sich nicht verlieren will in Oberfläche und Entschuldigung, schließlich an der größten Demonstration der Nachkriegszeit im Herbst '81 teilnimmt. Findet er dort die Antwort, die er sucht?
Demnächst als Buch und Kindle oder sonstige Formate
Leseprobe
Malinowski kommt
Eine Beschreibung aus dem Herbst 81
Ein Spätsommertag mit blauem Himmel und frohem Vogellärmen hier im Grünen. Wissen Sie, als diese Geschichte beginnt, ist es unnatürlich heiß und schwül. Ich fühle mich wie im tropischen Regenwald. In Strömen rinnt der Schweiß mir von der Stirn in die Augen, es brennt. Alles klebt. Aber ich bin nicht in Phnom Penh oder Kisangani. Im Gonsenheimer Wald zu Mainz bin ich, und es ist Ende September, Mittagszeit. Und ich bin gelaufen. Bei solch einer Hitze, bei dieser hohen Luftfeuchtigkeit fällt das zwar nicht gerade leicht, aber ich habe mein Pensum eisern durchgezogen.
Aber halt, lassen Sie mich zuerst sagen, wer ich bin. Gestatten, Malinowski, Klaus Malinowski. Und glauben Sie mir, die Zeit ist reif, jetzt muss ich diese Geschichte endlich erzählen, viel zu lange habe ich geschwiegen. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät.
Wie gesagt, es ist brütend heiß. Ich lockere die Arme, wische mir mit der Hand den Schweiß aus der Stirn, lausche dabei einer Amsel hinterher. Ich lasse meine Arme kreisen und gehe den Fußgängerweg hinter den wenigen geparkten Fahrzeugen entlang. Gähnende Leere heute am Parkplatz, sonntags sieht das hier ganz anders aus. Aber wer hat schon mitten unter der Woche mittags Zeit zum Laufen. Reagan, Breschnews schon gar nicht.
Der liest im Kreml, denke ich, bestimmt gerade mit Andropow, Leiter des KBG, Geheimdienstberichte aus Afghanistan. Außenminister Gromyko ist auf Auslandbesuch - will etwas an der verfahrenen Situation dort unten ändern und sucht Verständnis bei den Verbündeten.
In Washington ist jetzt sechs, morgens und Präsident Reagan setzt sich, denke ich, in diesem Augenblick mit seinem Berater Zabrinski an den Frühstückstisch, um die Ergebnisse einer Meinungsumfrage unter den Amerikanern zu diskutieren. Es geht um seine Beliebtheit.
Die scheint gesichert, aber bei uns mag man seine Pläne gar nicht, denn Aufrüstung ist angesagt und es gibt viele hier, die mögen das gar nicht. Drum rief man zum Marsch auf Bonn auf. In ein paar Tagen geht es los.
Geschafft, denke ich erleichtert über meiner Gymnastik. Ich komme jetzt an einem weißen Mercedes mit grünem US-Nummernschild vorbei, dann an einem grauen Uralt-Käfer. Verklebt und dampfend schaffe ich mich weiter, als plötzlich eine Bewegung im äußersten Augenwinkel einschlägt.
Erschrocken zucke ich zusammen, irritiert starre ich in jenen blauen VW-Bus hinein, auf dessen Höhe ich gerade bin.
Da hängt ein komischer Kerl auf dem Fahrersitz - Babyface, blond, sauberer Kurzhaarschnitt. Er stiert mich wie abgestochen an.
Ich bin so verwirrt unter diesem Blick, dass ich unwillkürlich an meinen Laufklamotten hinunter prüfe. Aber T-Shirt, die blauen Sporthosen sind in Ordnung. Ob der Typ Jogger für Bekloppte hält, frage ich mich.
Kopfschüttelnd trotte ich weiter, zurück zu meinem, oder besser gesagt, zu Veras Wagen. Als ich dann neben ihrem roten Kadett verschnaufe, rollt mit tiefem, mit zufriedenem Blubbern eine grüne BMW ganz langsam, ganz behutsam an mir vorbei.
Da spüre ich einen seltsamen Druck; so ein Gefühl, als ob ich bei Gegenverkehr überhole, habe ich. So ein Gefühl vergisst man nicht, nie mehr vergisst man das, glauben Sie mir.
Ich bin mir dort am Waldrand auf der Stelle sicher, die beiden auf der Maschine in ihrer rotweißen Lederkluft sehen mich sehr genau, wirklich sehr genau an.
Dann rollt die Maschine gemächlich aus, kommt neben dem VW-Bus zum Stehen.
Jetzt versperren mir Ami-Mercedes und der gammelige Käfer die Sicht. Aber ich kann doch erkennen, dass die beiden weiterhin auf dem Motorrad hocken. Sie setzen die Helme gar nicht ab. Dreißig Sekunden vergehen, vierzig, nichts tut sich. Die bleiben einfach auf ihrer BMW sitzen. Ich wundere mich, unterhalten sich die beiden etwa mit dem Kerl im Bus?
Können Sie mich verstehen? Wissen Sie, an was ich sofort dort im Wald denke? Nein? Aber denken Sie doch nur einmal an jene Zeit zurück!
Natürlich marschieren damals auf der Stelle meine Gedanken in eine, in die eine ganz bestimmte Richtung. Denn HH hatte ich auf dem Nummernschild gelesen, als die zwei an mir vorbeirollten. Und dass ein Kerl die Maschine lenkte und hinter ihm eine Braut aufsaß.
Jung müssen sie sein, folgere ich damals, weil die hautengen Lederanzüge deutlich schlanke, durchtrainierte Körper zeigen. Und da frage ich mich natürlich, wieso kommen zwei aus Hamburg zu diesem Parkplatz im Wald angeblubbert? Doch nicht einzig, um nach dem rechten Weg zu fragen. Zumal wohl ich vor dem Typ im Bus dran gewesen wäre, Auskunft zu erteilen, verstehen Sie.
Denken Sie also bitte einmal an jene Zeit zurück! Richtig, ich denke direkt an die Anschläge in den letzten Wochen. An Ramstein und an Heidelberg denke ich. In beiden Fällen wurde nach Motorrädern gefahndet. Und suchte man nicht auch beim Buback-Mord nach einer Honda?
Natürlich kommt mir da auch der Prozess gegen die Hoffmann in den Sinn, wo es um Mord am Banker Ponto ging. Der Prozess soll morgen beginnen.
In diese Richtung, das verstehen Sie jetzt sicher, denke ich dort im Wald sofort. Und wissen Sie was? Längst bin ich mir sicher, dass hier in Rhein-Main die Terrorzentrale dieser linken Terroristenheinis steckt. Hier spielt deren Logistik auf. Hier wird nach Herzenslust geschaltet und herumoperiert. Bewegungen fallen in Rhein-Main keinem Menschen auf: Hier gibt es Wälder, in denen sie in aller Seelenruhe rumballern und freudigst ihre Bazoobas und Kalaschnikows testen können. Oder warum ging der Bekennerbrief mit Schleyer-Bildnis ausgerechnet bei einem Pfarrer in Wiesbaden ein? War in Mainz nicht eine Bombe hochgegangen, um den Tod des Holger Meins kundzutun.
Glauben Sie mir, Rhein-Main ist Hochburg, wo die linken Bombenleger herrschen, Filialen gibt es in Hamburg und Berlin. Und die rechten Bombenmacher, die finden sich in Bayern und in der Lüneburger Heide und sonst noch jodwehdeh.
Davon bin ich damals dort im Wald überzeugt und also hämmern mir dahin die Gedanken. Inzwischen sind bestimmt zwei Minuten vergangen, und nach wie vor klebt dies sonderbare Pärchen auf der grünen BMW.
Das muss ich mir doch einmal aus der Nähe anschauen, denke ich und schlendere betont lässig in deren Richtung. Ich täusche unter dem herrlichen blauen Himmel weiterhin Gymnastik vor und beuge und beuge, so locker ich das kann, den Rumpf, berühre mit den Handflächen den Boden.
Es ist wie gedacht, verstehen Sie. Die zwei quatschen mit Babyface im Bus. Der hat die Seitenscheibe heruntergekurbelt.
Jetzt sagen Sie selbst - etwas ist doch hier oberfaul. Hören Sie, hätten Sie da nicht auch an die Polizei gedacht?
Die Firmenreklame auf dem Bus leuchtet weit und knallig bunt durch die Gegend, ich bin mir sicher, der Bus ist geklaut. Ich versuche das Hamburger Kennzeichen vollständig zu entziffern. Folglich eifrigstes Hüftkreisen jetzt, dabei schaue ich ganz Unschuldslamm hin zu den dreien. Aber ich kann das Nummernschild einfach nicht so recht entziffern.
Das ärgert mich, und ich denke mir, sollte das hier tatsächlich um Terror gehen, so gehört es den dreien schon gezeigt. Nimmt sich denn nicht jeder selbst jedes Recht auf Leben, wenn er einen andern aus dem Leben bombt? So denke ich nun mal, da bin rigoros.
Dann aber denke ich, du bist doch einzig an den ausgesetzten Fünfzigtausend interessiert.
Diese Vorstellung macht keinen Spaß. Ich versuche die grässliche Idee zu verwerfen. Dabei fällt mir jedoch ein, wie früh ich bereits begann, alle möglichen unscheinbaren Köpfe hinter einer klugen Zeitung mir genauer vorzunehmen.
Seit Zweiundsiebzig, muss das so sein.
Stellen Sie sich das einmal vor! Seit Zweiundsiebzig studiere ich ausgiebigst die stolzen Besitzgesichter in metallic- und orangefarbenen BMW. Seit 72 spähe ich in jeden Alfa, in jeden Porsche rein, seit kurzem interessieren mich darüber hinaus alle Golfs und Fords. Wenn auch mein Interesse bisweilen erlahmt, Reizüberangebot, kein Wunder, wacht es dann aber schon immer wieder auf.
Aber zurück, zurück in den Wald.
Weiterhin turne ich den dreien etwas vor, obwohl mir dabei nicht gerade wohl ist. Das Bild vom Schmücker im Grunewald im STERN, der blutverschmierte Schädel, das sah nicht gerade appetitlich aus.
Fünfzigtausend! Da zuckt mein rechtes Augenlid, ich reibe kräftig daran herum.
Fünfzigtausend, denke ich, obwohl ich gar nicht so denken will, hieße, hier fünf sorgenfreie Jahre und in Indien dreimal so viel. Fünf Jahre wie im Paradies gelebt. Da kommt man schon ins Schwärmen, wenn man sich gern beschränkt.
Wissen Sie, natürlich will ich mein Leben leben, das heißt, gut leben. Aber das ist es auch schon. Ich arbeite stets gerade soviel, dass es für das Notwendigste reicht. Meine Zeit ist mir sehr kostbar, die will ich nicht an andere verkaufen, verstehen Sie.
Und schreit mir mal einer ins Ohr, du bist hier nicht zum Schlafen und zu deinem Spaß allein, wir leben hier schließlich in einem Gemeinschaftswesen, halte ich mir lieber die Ohren zu. Gibt es denn nicht schon genügend andere, die anderer Leute Vorwürfe sich zu Herzen nehmen? Geht nicht jeder dritte mit der Sorge um die Zukunft zu Bett, jeder zweite mit der Angst vor ihr? Wachstum, das allein heißt Erfolg, das ist uns fest eingeimpft. Folglich streckt man sich, lässt sich strecken, erträgt die unmöglichsten Verrenkungen mit zugekniffenem Gesicht.
Das wissen Sie selbst, nicht wahr, mit diesen Leuten sind die Straßen hier voll. Und recht wenig ist da des öfteren zu hören, aber verdammt noch mal, denken Sie nur einmal daran, wie das riecht!
Aus einem verzagten Arsch entweicht nie ein fröhlicher Furz, sagte Luther. Klar, diese Damen und Herren in den Straßen, auf den Bürgersteigen stecken voller Missmut, und der muss raus. Also wird gestänkert, aber heimlich natürlich nur, der Mut zur Offenheit ist längst an dieser Luft krepiert.
Verzeihen Sie, aber da bin und bleibe ich lieber Parasit. Jawohl, dazu stehe ich, ich lebe lieber vom Wirt. In Saus und Braus lebe ich dabei zwar nicht, aber ich lebe doch ganz gut, d.h. es langt zum Überleben. Solange die Leute hier mehr verdienen, als sie tatsächlich brauchen, fällt auch immer etwas ab für mich. 32.067.842.000 DM sollen bar in Umlauf sein. Zweiunddreißigmilliardensiebenundsechzigmillionenachthundertzweiundvierzigtausend, stellen Sie sich das einmal vor, da liegt doch wahrhaft öfters mal etwas auf der Straße. Wer nur offenen Auges durch den Alltag geht, kommt schon über die Runden, ohne sich gleich auf Lebenslang an Arbeitsplatz, an Arbeitgeber zu verkaufen.
So denke ich dort im Wald und recke, strecke den Kopf, um endlich diese Nummer auf dem Schild ganz zu erkennen. Dabei denke ich, wer wachsam ist, wird nicht lange wachliegen und darum zittern, ob der Chef die drei gebuchten Wochen zum geplanten Termin freigibt. Und bei MacDonalds lässt es sich als MacBillig gratis auf die neueste Hamburger Kampagne leben.
Phantasie ist heutzutage einzig angesagt, dann überlebt, wer überleben will. Überlegen Sie nur einmal, sucht denn nicht jeden Tag jemand per Inserat und natürlich gegen eine hohe Belohnung nach einem Unfallflüchtigen, weil der nicht gerne die zwölfhundert Mark für diese winzige Delle am Heck des andern zahlt? Dann bin ich dran und drum verbringe ich ein paar schöne Stunden im Freien und gehe spazieren. Irgendwo wird schon jener grüne Granada stehen, dessen rechter Kotflügel demoliert sein muss.
Geduld, einfach Geduld, glauben Sie mir, mehr braucht es nicht. Dann findet sich schon die braune Krokodilslederbrieftasche mit Führerschein, Schwerstbehindertenausweis und Bargeld drinnen, auf die eine hohe Belohnung ausgesetzt ist. Nur zu, die Augen aufgesperrt, es warten prächtige Prämien überall.
Ach, da komme ich fast ins Schwärmen dort über meiner Turnerei im Wald. Wem schliche nicht die fürchterliche Angst durchs Herz, Dr. Ungeheuer könnte dem lieben Tasso ans ungegerbte Leder. Und in der kahlen Krone des Lindenbaums jubiliert der graugrüne Nymphensittich, der Oma Scholz entflogen ist. In der Hecke davor hockt der schwarze Kater Paul, der Frau Schulz entflohen ist. Hören Sie, frisch auf und froh ans Werk! Die Augen auf, so findet sich unweigerlich das Kapital, das uns die Vierzig-Stunden-Woche erspart.
Oder denken Sie einmal ans Makeln. Irgendwo im Freundes- und Bekanntenkreis wird immer gerade eine Wohnung frei, für die ein anderer gerne ein nettes Vermittlungssümmlein hinblättert.
So, das mache ich, davon lebe ich, aber darum geht es hier ja nicht, zurück also, zurück zu dieser Geschichte, zurück in den Wald.
Ich gebe jetzt die Turnerei auf, alles glückt nun mal nicht im Leben, vielleicht gelingt es mir ja auf einem anderen Weg das Nummernschild zu erfahren.
Kehrtwende folglich dort unterm blauen Himmel, der grenzenlos scheint. Betont lässig schlendere ich zum Wagen zurück, auch wenn ich mich gar nicht so entspannt fühle.
Wissen Sie, so einfach, so leicht, ist es aber auch wieder nicht, das rechte Augenmaß beim Makeln zu bewahren. Schnell kann man übertreiben und Spaß am Zählen finden. Das wäre dann fatal, denn denkt nicht wer profimäßig zu Werke geht bereits ans Geschäft? Und wer geschäftdenkt, lebt ganz schnell prothese? Der Neuss hat durchgeblickt, als er zahnlos formulierte: Profit heißt immer Verdacht.
Ehrlich gesagt, ich fühle mich damals gar nicht besonders gut dort im Wald. Ich will nicht an die roten Scheine denken, die es für Terroristenköpfe gibt, tue es aber dennoch. Das macht mir schon ein wenig zu schaffen.
Veras Wagen, der rote Kadett, glotzt mich blöde an, als ich vor ihm auftauche.
Vera, denke ich, ach ja, da stobt und stiebt es mir auch schon tief ins Herz hinein.
Nein, jetzt bitte nicht, entschieden knalle ich meine Faust aufs Wagendach. Liebe ist jetzt nicht angesagt, hier geht es um Terror und bei Dummheit und bei Terror ist keinerlei Anstand und Mitgefühl angesagt. Entschlossen reiße ich die Tür auf.
Die knarrt erbärmlich. Fett fehlt, aber ich fand noch keine Zeit für die Werkstatt. Ich seufze, gen Himmel schaue ich dann, bevor ich einsteige.
Der steht weiterhin strahlend blau dort oben. Zwei, drei weiße Wolken ziehen langsam von links nach rechts. Alles geht, alles geht weiter, sage ich mir da und steige ein.
Im Wagen schlägt mir eine höllische Hitze entgegen. Aber ich unterdrücke den Wunsch, beide Türen aufzureißen, um mir Durchzug zu verschaffen. Kostbare Zeit, die verloren geht, wäre das, denn ich denke, ich muss jetzt ganz schnell das Richtige tun.
So lege ich den Gurt um und starte. Der Motor springt sofort an. Als ich den Schlüssel im Zündschloss loslasse, mahlen sich mir sofort schleifend Zweifel ins Hirn.
Wenn das alles hier aber doch nur eine ganz harmlose Sache ist? Nicht jeder, der sich im Grünen trifft, ist gleich Terrorist.
So dreht sich das fest in mir und ruckt und zerrt, und ich komme nicht vom Fleck. Die Hitze nimmt mir die Luft, und dampfend steigt Verunsicherung auf. Ein wenig, scheint mir, widere ich mich selbst an.
Mensch, du, klingt etwas in mir, du glotzt vielleicht zuviel in die Röhre. Schlägst dir zu oft die Hucke mit dem Mist dort voll. Denkst vor lauter Bildverstopfung und Tonsalat echt Mattscheibe. Hast schon viereckige Augen. Zuviel XY genossen. Bist genau wie die, die ständig über die Schlechtigkeit in der Welt jammern. Früher war alles besser. An jeder Ecke siehst du Mord und Totschlag lauern. Glaubst du nicht, drei-, viermal am Tag den Christian Klar totsicher in dem roten Alfa an der Ampel zu erkennen? Mann, mensch, du bist vielleicht eine kümmerliche Nummer!
Ich sitze festgezurrt im Wagen fest. Dort ist es heiß, viel heißer noch als draußen. Ich schwitze hundserbärmlich, denn die Kühlung funktioniert natürlich noch nicht.
Dies ist der beste deutsche Staat, den es jemals auf deutschem Boden gab, muss ich denken, so oft hat man mir das doch gesagt. Aber wissen Sie, das will ich doch sagen, denke ich an manche Methode in diesem Staat, oje, ach, können Sie das verstehen?
Ich hechle. Tief atme ich ein und aus. Dann nehme ich mir vor, zu Hause erst einmal über die ganze Sache hier im Wald zu duschen.
Wissen Sie, einer, der Unschuldige diesem Staat ausliefert, deren Computern preisgibt, will ich nun auch nicht gerade sein. Da bewahre mich der Herr davor, so ein kleiner, mieser Denunziant zu werden. Wer wüsste nicht, wie dann sogleich der Power-Knopf heruntergeklickt würde, erbarmungslos setzte sich die Fahndungsmaschine in Gang. Vierundachtzig ist dagegen gar nichts. Die würden die drei dort vorne ohne mit der Wimper zu zucken in ihr superminichipsiertes Superhirn einspeisen. Und einmal drinnen - kämen sie nie mehr da raus.
Will ich mir morgen noch in die Augen schauen können? Jawohl, ich mag Böll und BILD mag ich nicht, und Katharina dürfte ich nie vergessen.
Vielleicht verstehen Sie mich mich nicht ganz. Aber das ist mir einerlei, ich jedenfalls kann hier einfach nicht mitmachen. Ich bleibe lieber Herr Ohnemichel. Da müssen schon eindeutigere Beweise her, damit ich jemanden diesem Staat ausliefere.
Das denke ich dort im Wagen unter dem späten Sommerhimmel. Der ist blau, so rein, wohin ich schau.
... soweit der Auszug aus Kapitel 1. Weiter geht es im Buch
Der Roman wird kommen, ganz sicher ... habt Geduld. Vielleicht in 2025?